Prestel präsentiert „Der amerikanische Westen“, Ernst Haas‘ lebendiges, bahnbrechendes Porträt einer mythologischen Region, dessen rätselhafter Geist er mit der ihm eigenen Kunstfertigkeit und Geschicklichkeit einfängt.
Nur wenige Fotografen haben die zeitgenössische Fotografie so geprägt wie Ernst Haas (1921-1986). Ein Pionier der FarbeHaas griff mutig auf die gesättigten Töne von Kodachrome zurück, zu einer Zeit, als Schwarzweiß als die einzige Palette für ernsthafte fotografische Praxis galt, und schuf gemäldeähnliche Bilder, die das künstlerische Potenzial des Mediums wunderbar zum Ausdruck brachten.
Obwohl sich ein Großteil seiner berühmtesten Werke auf New York City konzentriert – wohin er sich nach seiner Emigration aus Österreich im Jahr 1951 niederließ –, finden sich unter diesen Bildern auch Darstellungen ganz anderer Art: endlose Highways, staubige Wüsten, Rodeos, galoppierende Pferde und Motel-Neonschilder. Kurz gesagt: die mythische, filmische Landschaft des amerikanischen Westens.
In 1952, Leben Das Magazin beauftragte Haas mit einem fotografischen Essay über New Mexico. Kurz nach seiner Ankunft im Land spürte Haas – wie so viele vor ihm – den Sog des Westens, die weite Poesie der Region, einen dramatischen Kontrast zum hektischen, kaleidoskopischen Geist von New York City und natürlich seiner vom Krieg verwüsteten Heimat.
Diese Reise markierte den Beginn einer dauerhaften Beziehung zum Westen, die Haas in den folgenden Jahren immer wieder aufgriff und Bilder schuf, die zu den ikonischsten Bildern dieser Region zählen, die je gemacht wurden.
Im Gegensatz zu den kaleidoskopischen Bildern New Yorks – voller Bewegung, Unschärfe und der hektischen Energie der Stadt – wirken Haas' Fotografien des amerikanischen Westens expansiv und lyrisch. Wo seine urbanen Arbeiten Abstraktion und das Chaos der Straßen umfassen, öffnen sich diese Bilder und fangen nicht nur das Erscheinungsbild des Westens ein, sondern auch seinen Geist: einen Ort der Einsamkeit, des Mythos und der endlosen Möglichkeiten, der so viele vor ihm in seinen Bann zog.
Obwohl sie scheinbar schön sind und die malerischen Qualitäten besitzen, für die Haas berühmt und gefeiert ist, sind die Bilder in Der amerikanische Westen sind mehr als Kunstwerke. Haas war nicht nur Künstler, sondern auch Fotojournalist mit einem scharfsinnigen, humanistischen Blick.
Diese Dualität ist in allen seinen Werken deutlich erkennbar, sei es in seinen freimütigen Schilderungen ländlicher Armut oder in seiner respektvollen Darstellung indianischer Gemeinschaften, die in den vorherrschenden Erzählungen des Westens so oft ausgeklammert werden. Haas vermied den anthropologischen oder exotisierenden Blick, der in Dokumentarfilmen der Mitte des Jahrhunderts üblich war, und präsentierte stattdessen eine differenzierte, einfühlsame Vision, die ihre Kultur und Präsenz würdigt.
Jahrzehnte nach der Entstehung dieser Bilder bleibt die Serie ein Meilenstein der Farbfotografie und des dokumentarischen Erzählens – sie hinterfragt die Mythen des Westens und geht über Klischees hinaus, um eine komplexere, menschlichere Sichtweise zu bieten. Sie gilt heute als eines der einflussreichsten und beständigsten fotografischen Werke des 20. Jahrhunderts und prägte eine Generation von Fotografen, die in ihrem Gefolge hervorgingen und sein Erbe kräftiger, ausdrucksstarker Farben fortführten.
Es ist ein Amerika der Vergangenheit, das uns aber dennoch vertraut ist, ein Amerika, das jenseits der Metropolen, in weiten Landschaften, ländlichen Gemeinden und beständigen Traditionen noch immer existiert. Das Werk ist nicht nur ein fesselndes Porträt eines Ortes und einer Zeit, sondern auch ein bleibendes Zeugnis eines wahren Meisters der Fotografie, dessen Vermächtnis bis heute fortlebt.
Alle Bilder © Ernst Haas/Getty Images
„Der amerikanische Westen“ erscheint bei Prestel und ist erhältlich hier.